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Text und fotos von Paolo Marotto und Bruno Caula
Üebersetzen von Birgit Brugger

Einleitung

  Das Roero verdankt seinen Namen dem einflussreichen Geschlecht der Rotari, deren Herrschaft sich in der Zeit des Feudalismus über die gesamte Gegend erstreckte. Es ist ein kleines Gebiet im Viereck zwischen den Gemeinden Bra, Alba, Sommariva Bosco und Montà


   Am westlichen Ende des Monferrato gelegen, wird es sehr intensiv bebaut und verfügt, dank der Einzigartigkeit der dort vorhandenen Biotope, über einen hohen naturwissenschaftlichen Stellenwert. Das Klima ist relativ trocken, was zu einer besonderen Vegetation und Fauna beiträgt. Tiefe Täler wechseln sich ab mit steilen Abhängen und mit Hügeln, die mit Weinbergen und Obstgärten bebaut sind. Eine sehr interessante geologische Formation sind die sogenannten "Rocche" (=Felsen; die bekanntesten in der Umgebung von Pocapaglia ). Das Gelände besteht aus Mergel und sandigen Ablagerungen, geeignete Voraussetzungen für das Nisten von Spezies, die normalerweise eher selten in unserer Region vorkommen.

Wiesen und Baumreihen sind charakteristisch für die Gebiete am Waldrand Die "Felsen" von Pocapaglia

  Der Bienenfresser und die Hohltaube finden in den steilen Wänden einen günstigen Lebensraum, der aber nur von geringer Größe ist; die Uferschwalbe hingegen nistet entlang von Wasserläufen.
  Ein großes Problem stellt das Fehlen geschützter Räume dar, da das Gebiet des Roero über einen geringen natürlichen Schutz verfügt und es leicht zum Gegenstand von unterschiedlichen Angriffen werden kann (Ausbeutungen, willkürliches Bauwesen, großflächige Monokulturen, die traditionelle Formen der Landwirtschaft ersetzen, Roden der Wälder, Brände). Mit ein bisschen Aufmerksamkeit kann jedes ungenutzte Land und jeder tonhaltige Weg zwischen Weingärten sich als sehr interessant erweisen und zum optimalen birdwatching mit erfreulichen Beobachtungen einladen.

Bienenfresser Merops apiaster Wiedehopf Upupa epops

  Wiedehopf, Wendehals, Gartenrotschwanz und Orpheusspötter können relativ leicht in der Sommerzeit bespäht werden, gemeinsam mit den immer häufiger vertretenen Bienenfressern und den schönen Turteltauben. Eher ausweichend und daher schwierig zu erblicken sind die Dorngrasmücke und die misstrauische Weissbart-Grasmücke. In Sommernächten kommt es nicht selten vor, dass man den Lockruf der Zwergohreule und das Trillern des Ziegenmelkers hört.
  Die beste Zeit, vom Standpunkt der Vogelkunde, ist jene im Spätfrühling - Sommer; man muss jedoch beachten, dass einige Gebiete einer starken Sonnenbestrahlung mit entsprechend hohen Temperaturen ausgesetzt sind.
  Interessante Beobachtungen kann man jedoch auch in den Wintermonaten machen: diverse Arten von Drosseln, Finkenvögeln und Ammern, schließen sich, der Ernährung wegen, zu soliden Gruppen zusammen. Am Bauernhof Baroli in Baldissero d'Alba gibt es seit 1976 eine permanente Beringungsstation, die dem Gemeindemuseum Craveri in Bra untersteht und in der bis heute ca. 70.000 Vögel, von 106 unterschiedlichen Gattungen, beringt worden sind.
  Verschiedene Arten von Raubvögeln verkehren im Roero: in der Tat nisten dort der Schwarzmilan, der Mäusebussard, der Wespenbussard, der Habicht, der Sperber, der Baumfalke und der Turmfalke. Die Kornweihe, der Merlin und der Wanderfalke überwintern hier.
  Der fortschreitende und schnelle Rückgang von Böschungen und brachliegender Gebiete hat mindestens zwei Averlen eine geeignet Umgebung für die Fortpflanzung und für die Nahrungssuche entzogen: der Rotkopfwürger und der Neuntöter, der letztgenannte ist noch begrenzt vertreten. Diverse Arten von Ammern besuchen das Gebiet in unterschiedlichen Zeiten des Jahres: der Goldammer, der Zaunammer, der seltenere Ortolan und der Grauammer sind relativ einfach während eines Ausfluges im Roero zu erblicken.

Zaunammer Emberiza cirlus Neuntöter Lanius collurio

Die Feuchtgebiete des Roero: die Teiche von Ceresole d'Alba

  Im Gemeindegebiet von Ceresole d'Alba, zwischen den ersten Erhebungen des Roero und der Ebene Cuneo-Turin, hat der lehmige und äußerst undurchlässige Boden im Laufe der Zeit die Entstehung von natürlichen Teichen gefördert. Oft nur von geringer Größe, sind sie jedoch punktartig auf dem bewirtschafteten Land verteilt. Meistens werden diese Teiche von den Landwirten als Wasserreserve für die Bewässerung benutzt, und gelegentlich werden sie von Sportfischern aufgesucht. Die Bedeutung dieser Biotope ist eher nebensächlich im Vergleich zur Landwirtschaft und stellt zwei gegensätzliche Aspekte dar: auf der einen Seite garantiert dies ein relatives Fehlen von Störquellen, auf der anderen Seite gefährden die häufigen und oft plötzlich eintretenden Änderungen des Wasserstandes ganze Fortpflanzungsperioden von Wasserspezies wie den Zwergtaucher, den Haubentaucher und das Bläßhuhn. Das Fehlen von Schutzmaßnahmen und von umweltbedingten Beschränkungen verschlechtert außerdem das Überleben dieser empfindlichen Ökosysteme

  Ein Ausflug zu den wichtigsten Teichen beginnt in der Ortschaft Ceresole d'Alba, leicht erreichbar sowohl von Bra als auch von Carmagnola über die Landstraße 661. Es muss ausdrücklich daran erinnert werden, dass sich alle Teiche innerhalb von Landwirtschaftgebieten befinden, von denen auch die Namen der Teiche abstammen. Daher sollte man sich mit Fahrzeug und zu Fuß in einer Weise fortbewegen, die die landwirtschaftlichen Aktivitäten weder stören noch behindern.
  Vom Hauptplatz in Ceresole d'Alba, entlang der Gemeindestraße Richtung Carmagnola-Pralormo, überquert man ein Land, wo man interessante Beobachtungen machen kann: in der Fortpflanzungszeit sind dort der Kiebitz, der Neuntöter, das Schwarzkehlchen, die Zaunammer und der Orpheusspötter häufig anzutreffen. Der Wiesenpieper, der Bergfink und andere Finkenvögel ziehen in den Wintermonaten häufig die Kornweihe und den Merlin an. Nach wenigen Kilometern, weist ein Schild auf der linken Seite in Richtung der Fraktion Cappelli; an dieser vorbei trifft man auf den Teich des Bauernhofes Franca, klein und oft gestört (Brachland, welches der Kornweihe einst als Schlafplatz diente, wurde vor einigen Jahren "saniert"). Weitaus interessanter ist der Teich Mottina, den man erreicht, indem man auf der Schotterstraße, die am gleichnamigen Bauernhof vorbeiführt, weiterfährt. Der Zugang zum Teich ist nicht gerade einfach, da er von einem Waldstreifen und von einem Pappelwald umgeben ist. Einen Besuch ist er jedoch auf alle Fälle wert, da er im Laufe der Jahre einige rare Spezies wie den Braunsichler, die Schellente, das Kleine Sumpfhuhn und den Sanderling beherbergt hat.

Teich Mottina Purpurreiher Ardea purpurea (foto M.Mendi)

  Zurück auf der Hauptstraße, fährt man in Richtung Norden weiter (gegen Pralormo) bis zur nächsten Abweichung (diesmal auf der rechten Seite) zum Bauernhof Palermo. Vorbei am kleinen Ortsteil Cà Basse fährt man ab der Schotterstraße noch einige Meter geradeaus weiter bis zum kleinen Teich des Bauernhofes Gallina. Wenn man jedoch auf der Schotterstraße, die nach links biegt, weiterfährt in Richtung Cascina Rocche, trifft man auf eine Schutthalde. Diese entstand während der Ausgrabungen für eine vieldiskutierte Mülldeponie, die später jedoch verlassen wurde. Die große Fläche der Ausgrabungen, die sich etwas dahinter befindet, hat sich im Laufe der Zeit aufgefüllt und mit salici und tife naturalisiert. Damit wurde ein ideales Habitat für den Graureiher, den Purpurreiher, den Zwergtaucher und verschiedene Schwimmenten bzw. Entenvögel geschaffen. Unter den interessantesten beobachteten Arten findet man die Moorente, die Zwergschnepfe, das Tüpfelsumpfhuhn und die Zwergdommel. Das Gebiet ist zum regelmäßigen Überwinterungsplatz für den Raubwürger geworden. Häufig anzutreffen sind auch der Schwarzmilan, die Hohltaube und der Bienenfresser; der Cistensänger hat dort gelegentlich genistet. Unter den Sperlingsvogel sind der Orpheusspötter, der Sumpfrohrsänger, der Neuntöter und das Schwarzkehlchen am häufigsten vertreten.

Teich Palermo Ex-Mülldeponie vom Bauernhof Rocche

   Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich der Teich Palermo, der eine der attraktivsten Haltestellen für Zugwasservögel darstellt. Dieser Teich wird von einer immer geringer werdenden Reihe von Schutzwald umgeben, und leider wird er regelrecht "erdrückt" von Maisfeldern und Pappelanbauflächen. Auch wenn es eher wenige nistende Arten gibt (die Knäkente scheint endgültig verschwunden zu sein), zählen zu den beobachteten Zugvögelarten der Schwarzhalstaucher, die Brandgans, die Kolbenente, der Kranich, die Rohrdommel und einmal wurde sogar eine Gruppe mit 11 Flamingos gesichtet! Die Rohrweihe, die Kornweihe und der der Wanderfalke erscheinen regelmäßig, sowie fast alle Arten von Limikolen.
  Wenn man auf der Schotterstraße zurückfährt, überquert man das große Gut des Bauernhofes Palermo und kommt schließlich in die Nähe von zwei kleinen Becken. Auch wenn diese nur von geringer Größe sind, beherbergen sie einige interessante Arten wie den Zwergtaucher und den Haubentaucher (beide Nestbauer) und in den Zugzeiten unterschiedliche Arten von Schreitvögeln und Entenvögel, sowie Limikolen und Rallen (unter diesen das Kleine Sumpfhuhn und die Wasserralle).

Rallenreiher Ardeola ralloides Der Teich Palermo im Winter

  Wenn man schließlich auf der Hauptstraße Richtung Pralormo zurückfährt, erblickt man auf der linken Seite den Teich Colombè, der im Winter zahlreiche Arten von Tauchenten und Entenvögeln beherbergt.
  Das gesamte Gebiet von Wiesen, Waldreihen und Brachland um die oben genannten Teiche, bietet vor allem im Frühling und im Winter eine ausgezeichnete Möglichkeit, um interessante Sichtungen zu machen, und reichert zusätzlich unsere End-Check-Liste an.